20101225

Meine Entdeckung des Jahres: MoZella

Seit dem ich den folgenden Text geschrieben habe, sind etwa sechs Monate vergangen, nichts desto trotz bekomme ich – ein Album, eine EP und eine Single später – immer noch eine Gänsehaut, wenn ich MoZella höre. Also veröffentliche ich diesen Text nun – verdient hat es MoZella alle mal.

Meine Entdeckung des Jahres (bisher): MoZella

Ja, richtig gelesen: MoZella. Nein, kein Schreibfehler, nicht Mozilla, sondern MoZella.

Vorgeschichte

Dabei ist das ganze eine echte Zufallsentdeckung: Irgendjemand schrieb in irgendeinem Forum zu "uns' Lena", dass eine gewisse Adele "My Same" viel besser sänge als Lena. So etwas ist ja zu einem guten Teil immer auch Geschmackssache, also dachte ich mir: anhören! Also ab zu Youtube. Nun, die Version von Adele fand ich dann auch um einiges besser als die von Lena. Nichts gegen Lena, ich finde ihre Ausstrahlung und ihre Art wunderbar – schön selbstbewusst und gerade heraus für eine 19-Jährige, aber bei Adele merkt man dann doch, was man mit einer gut ausgebildeten Stimme hinbekommen kann. Adele gefiel mir – also hab ich die Playlist einfach im Hintergrund weiterlaufen lassen.
Und drei Titel später lief dann was, was mich wirklich aus den Socken gehauen hat. "Freezing", von einer gewissen "MoZella". Danach "Magic" (was mir irgendwie bekannt vorkam, dazu später), wieder von "MoZella". Adele hin, Adele her, nun musste ich unbedingt wissen, wer diese MoZella war. Also hab ich nach weiteren Titeln von MoZella gesucht. Ehrlich gesagt hab ich den ganzen Tag nichts anderes mehr gehört (manche Titel mehrfach), den nächsten Tag auch nicht.
Danach war klar, dass ich eine CD von ihr brauche (tja, CD, ich bin da ein bisschen altmodisch und kaufe mir noch CDs – rippe diese dann aber). Gleich nach der Arbeit also zu Michelle Records, mitten durch irgend ein Konzert, was da gerade lief, gestiefelt. "Belle Isle" hatten sie da aber nicht, auch nicht zum Bestellen. Nur "I Will", das dann aber als US-Import mit drei Wochen Wartezeit für irgendwas über 25 Euro. Mist! Am Abend hab ich bei amazon.de und dann amazon.co.uk nachgesehen. Die hatten "Belle Isle" – auch nicht ganz billig – aber leider jeweils nur in einer Version, auf der "Magic" leider nicht drauf war. Nun den, musst Du also in den (sauren?) Apfel beißen …

iTunes hatte die komplette Platte und Bonustracks für nur 8,99, sogar mit einem "Digital Booklet" – nun ja. Nun, bin ich – sagte ich das schon? – auf diesem Gebiet altmodisch, einige Sachen kaufe ich mir sogar noch auf Vinyl. … iTunes, soll ich wirklich …

Nun, was soll's. Angemeldet, … Hmm, soll ich wirklich? Ja! Nach ein paar Minuten war "Belle Isle" dann auf meinem Rechner.

Belle Isle



"Belle Isle" hat mich dann vollkommen verzaubert. Zunächst ist da MoZellas Stimme, die mich ja anfänglich auf sie aufmerksam machte. Zeitweise rauchig, erdig kann sie aber auch sehr zart und samtig klingen. Auch die Musik an sich sagt mir sehr zu, sie ist … und hier fehlen mir nun die Worte, die treffend das ausdrücken, was die Musik in mir bewirkt. "Eingängig", "Mitreißend" trifft es nicht und ist irgendwie abgedroschen, "hitverdächtig" ist noch viel abgedroschener, "optimistisch" sind zwar einige Titel, aber das ist auch nicht die Essenz (zumal andere Titel überhaupt nicht "optimistisch" sind – aber dann irgendwie wieder doch). "poppig" hab ich nicht gesagt ;-), das ist ein Unwort. Frisch, lebendig, unverbraucht, kraftvoll? Ja! Nun, in dieser Musik ist eine Menge Soul, und da geht sie auch direkt rein, in die Seele. Ich fühle mich jedenfalls mit dieser Musik wieder wie mit achtzehn.
Und dann sind da noch die Texte. Und die sind gut! Persönliche Texte, das, was man üblicherweise als "authentisch" bezeichnet (Das heißt, sie hat die Stücke selbst geschrieben). Sie drehen sich um das Thema Liebe und das ganze Drumherum. Ohne dabei platt zu sein. Erfrischende, kleine Geschichten, die so gut erzählt sind, dass man nicht weiß, ob MoZella das nicht alles genauso durchgemacht hat (zu gönnen wäre ihr das nicht in jedem Fall). Auch die Texte der eher melancholischen Stücke sind selbst in den Momenten der größten Tragik nicht hoffnungslos, MoZella hat das Herz am rechten Fleck. Dabei sind das keine gesungen Romane, sondern sie schafft es, mit passenden Worten Stimmungen aufzubauen.

Da ist die Geschichte einer unglücklich Verliebten, die darauf wartet, das sich ihr Auserwählter irgendwann von seiner alten Beziehung löst ("Hurry Up & Choose"): "I pretend that things are fine, you just never leave my mind, I don't know what's wrong with me, I guess I just want to believe, that I mean more to you and that you mean what you say and we will be together one day. I don't want to take you two appart …"

"4 Leaf Clover" erzählt von einer Frau, welche bisher noch nicht das rechte Glück in der Liebe gefunden hat, sich nun aber aufrafft: "Love was never in the conversation, I couldn't get it right, that was live. I was just a friend, never a lover … For once in my life I'm gonna get it right … You'll be my four leaf clover, we'll start over!"

Dann das Lied über eine von ihrem Freund vernachlässigte Freundin, die von ihrer Einsamkeit das Frösteln bekommt ("Freezing"): "The chills down my spine are just memories of a time. Now I'm haunted 'cause I thought you were mine. I just can't get away, I've been frozen in one place" Mein Favorit!

Oder der Song der Betrogenen, die Schluss mit ihrem Freund macht ("Let's Stop Calling It Love"): "You know, you put on quite a show. You had me so. I can't believe I bought it. It took a minute but I caught it now. I guess I had a choice, boys will be boys, and this girl's annoyed … Let's stop calling it love, let's stop calling it love, You're better off if I surrender, I give in, you win, whatever"

Aber auch ausgesprochene Feel-Good Stücke wie die – ich nenne es mal California-Hymne – "Magic", "Unbelievable" oder "Thank You" sind auf "Belle Isle". "Magic" und "Thank You" wurden bestimmt der positiven Stimmung wegen, die sie verbreiten, für Werbespots ausgewählt ("Magic" für den "iDon't" Spot von Verizon Wireless für das Motorola Droid, welcher damals im Web einige Wellen schlug – woher ich dann auch "Magic" kannte, "Thank You" für irgendwas von Nivea in den USA – den Spot kenne ich aber nicht). Aber vergesst mal das mit der Werbung. Die Songs stehen für sich selbst.

Alles in allem die richtige Mischung, gute Songs die zum Mitsingen einladen (keine Ahnung, wie sie das macht, ich singe meine Musik sonst nicht mit) mit ansteckenden Beats und Hooklines. Dazu gut arrangiert und produziert.

Das Erstaunliche ist: mir gefallen alle Lieder von "Belle Isle" (nur mit "Twilight Girls" kann ich nicht wirklich was anfangen) und so etwas kommt bei mir üblicherweise nicht vor (normalerweise finde ich nicht mehr als ein Viertel der Stücke auf einer Platte oder CD richtig gut). Normalerweise blogge ich aber auch nicht über meine musikalischen Neuerwerbungen. Diesmal musste es aber sein.

Thank you, MoZella!




Nachtrag: Mittlewrweile hat Youtube bzw. die Musikindustrie dem Vergnügen ein Ende gemacht und fast alle Videos für Deutschland gersperrt. Selbst auf MoZellas Youtube Seite ist so gut wie nichts von den offiziellen Musikvideos mehr zu sehen:

http://www.youtube.com/user/Mozellamusic

deswegen habe ich hier nichts weiter verlinkt.

Aber auf MoZellas mySpace Seite kann man zumindest noch die Stücke hören:

http://www.myspace.com/mozella